Atomoxetin: Hinweis auf Mordgedanken bei Kindern
Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert, müssen die Fach- und Gebrauchsinformationen Atomoxetin-haltiger Arzneimittel angepasst werden. Grund dafür sind unter anderem Mordgedanken unter Atomoxetin bei Kindern.
Nachdem zu Atomoxetin-haltigen Arzneimitteln ein europäisches, die periodischen Sicherheitsberichte bewertendes Verfahren durchgeführt wurde, hat die Koordinierungsgruppe (CMDh) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) Änderungen in den Fach- und Gebrauchsinformationen zu Atomoxetin-haltigen Arzneimitteln beschlossen. Grundlage sind Empfehlungen des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC).
Dieser kam auf Basis der bisher verfügbaren Daten – sowohl aus Spontanberichten als auch aus der Literatur – und in Anbetracht eines plausiblen Wirkmechanismus zu dem Schluss, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Anwendung von Atomoxetin und dem Entstehen von Mordgedanken zumindest möglich sei. Gleiches gilt für das Auftreten eines Serotoninsyndroms und von Bruxismus unter entsprechenden Arzneimitteln. Patient:innen sollen daher entsprechend gewarnt werden.
Atomoxetin ist ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, der den präsynaptischen Noradrenalin-Transporter (NET) hemmt. Der Wirkstoff kommt zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern ab sechs Jahren zum Einsatz, wobei der genaue Wirkmechanismus in dieser Indikation noch nicht abschließend geklärt ist.
Mordgedanken unter Atomoxetin?
Während Anzeichen von Feindseligkeit – Aggressivität, oppositionelles Verhalten und Wut – unter der Behandlung mit Atomoxetin laut Fachinformation in Studien bereits bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen beobachtet wurden, zeigte sich nun: Insbesondere bei pädiatrischen Patient:innen fielen die Symptome schwerwiegend aus. So kam es unter anderem zu körperlichen Übergriffen, bedrohlichem Verhalten und Gedanken, anderen Schaden zuzufügen – bis hin zu Mordgedanken. Darauf müssen Patient:innen in der Packungsbeilage künftig entsprechend hingewiesen werden:
„Die Behandlung mit [Arzneimittelname] kann bei Ihnen zu Aggressivität, Feindseligkeit oder Gewaltbereitschaft führen oder diese Symptome verschlimmern, wenn sie vor der Behandlung bereits vorhanden waren. Sie kann auch ungewöhnliche Verhaltens- oder Stimmungsänderungen hervorrufen (einschließlich körperlicher Angriffe, Drohverhalten und Gedanken, anderen zu schaden)“, heißt es in Abschnitt 2.
Dementsprechend sollen Familien oder Betreuerin:innen von Patient:innen bei möglichen Anzeichen umgehend mit dem/der Ärzt:in oder dem/der Apotheker:in sprechen.
Zähneknirschen und Serotoninsyndrom als neue Nebenwirkungen
Doch damit nicht genug. Neben Mordgedanken unter Atomoxetin müssen Patient:innen auch auf das sehr seltene Auftreten eines Serotoninsyndroms in Kombination mit bestimmten anderen Arzneimitteln hingewiesen werden. Dazu gehören einige Antidepressiva, Opioide wie Tramadol und Triptane. Als mögliche Symptome eines Serotoninsyndroms können Verwirrtheit, Ruhelosigkeit, Koordinationsstörungen und Steifheit, Halluzinationen, Koma, schneller Herzschlag, erhöhte Körpertemperatur, schnelle Blutdruckschwankungen, Schwitzen, Hitzewallungen, Zittern, überaktive Reflexe, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auftreten.
Außerdem wird unwillkürliches Zähneknirschen (Bruxismus) als mögliche Nebenwirkung mit unbekannter Häufigkeit bei Kindern und Jugendlichen aufgenommen.
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