ASS: Unbeschichtet wirksamer als magensaftresistent?
Acetylsalicylsäure (ASS) gehört unter anderem in der Schmerztherapie zu den Mitteln der Wahl. Der Wirkstoff steht in verschiedenen Darreichungsformen zur Verfügung. Dazu gehören auch magensaftresistente Tabletten. Doch ist ASS in magensaftresistenter Form weniger wirksam?
Magensaftresistente Tabletten und Kapseln sind bekanntlich mit einem speziellen Überzug versehen, der dafür sorgt, dass die enthaltenen Wirkstoffe nicht vom sauren Magensaft zersetzt, sondern erst im Darm freigesetzt und Nebenwirkungen wie eine Reizung der Magenschleimhaut verhindert werden. Das Problem: Die Präparate sollten meist im nüchternen Zustand eingenommen und anschließend eine mehrstündige Pause zu Mahlzeiten eingehalten werden. Doch damit nicht genug. Denn einige Wirkstoffe in magensaftresistenten Darreichungsformen sollen in ihrer Bioverfügbarkeit und damit in ihrer Wirksamkeit eingeschränkt sein. Ein Beispiel ist Acetylsalicylsäure. Ob ASS in magensaftresistenter Form bei der Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse wirklich weniger wirksam ist, haben Forschende untersucht.
Acetylsalicylsäure gehört zu den nicht-steroidalen Antirheumatika und besitzt analgetische, antiphlogistische und antipyretische Eigenschaften. Die Wirkung geht auf eine irreversible Hemmung der Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2 zurück, was wiederum zu einer Hemmung der Prostaglandinproduktion sowie der Thrombozytenaggregation führt – Entzündungsprozesse werden gehemmt und die Schmerzwahrnehmung vermindert. ASS kommt neben der Schmerzbehandlung auch als Dauerbehandlung zur Sekundärprophylaxe von Herzinfarkten und Thrombosen zum Einsatz.
ASS in magensaftresistenter Form genauso sicher und wirksam
„Aufgrund der verringerten Bioverfügbarkeit von Acetylsalicylsäure und der Möglichkeit eines eingeschränkten kardiovaskulären Schutzes wurde der Wert von magensaftresistenter Acetylsalicylsäure in den letzten Jahrzehnten in Frage gestellt“, heißt es von einem amerikanischen Forscherteam. Um zu prüfen, ob dies tatsächlich zutrifft, wurden die Ergebnisse einer ADAPTABLE-Studie (Aspirin Dosing: A Patient-Centric Trial Assessing Benefits and Long-term Effectiveness) mit mehr als 10.000 Teilnehmenden mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei der verschiedene Dosierungen von ASS gegenübergestellt wurden, im Hinblick auf Unterschiede bei der Wirksamkeit und Sicherheit je nach Darreichungsform erneut untersucht.
Das Ergebnis: Unabhängig von der jeweiligen verabreichten Dosis zeigten sich zwischen ASS in magensaftresistenter und unbeschichteter Form keine Unterschiede in puncto Wirksamkeit und Sicherheit, heißt es in der Studie. Konkret mussten die jeweiligen Patient:innen, die die magensaftresistente Tabletten erhielten, nicht häufiger aufgrund von Herzinfarkten oder Schlaganfällen ins Krankenhaus und zeigten auf der anderen Seite kein geringeres Risiko für gastrointestinale Blutungen wie mit der Darreichungsform angestrebt. Doch damit nicht genug. „Während frühere pharmakodynamische Studien herausgefunden haben, dass eine magensaftresistente Beschichtung die zeitliche Auflösung von ASS im Dünndarm behindert und die gesamte Arzneimittelabsorption einschränkt, deuten die Ergebnisse der vorliegenden Studie auf keine klaren Unterschiede in den klinischen Ergebnissen hin“, so die Autor:innen weiter. Daher sollte die Darreichungsform für einige Patient:innen stärker überdacht werden.
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