Arzneimitteldosierung: Auf die DNA kommt es an
„Die Dosis macht das Gift“ – wusste schon im 16. Jahrhundert der schweizerisch-österreichische Arzt Paracelsus. Das gilt auch bei der Arzneimitteltherapie. Entscheidende Faktoren für die Dosierung sind neben dem Alter auch das Körpergewicht und/oder die Körpergröße. Doch auch die Gene spielen eine Rolle. Wird die Arzneimitteldosierung auf die DNA abgestimmt, lassen sich Nebenwirkungen gezielter vermeiden, heißt es von Forschenden.
„Eine Kapsel pro Tag vor dem Schlafengehen“, „dreimal täglich jeweils zwei Tabletten unzerkaut“ oder „zweimal pro Tag je 20 Tropfen“ – das sind nur einige Einnahmehinweise, die PTA Patient:innen in der Apotheke täglich bei der Abgabe von Arzneimitteln mitgeben. Entscheidend für die Dosierung ist unter anderem, ob es sich bei dem/der Patient:in um eine/n Erwachsenen oder Jugendliche handelt. Doch nicht nur das Alter sollte dabei berücksichtigt werden, sondern auch die jeweilige genetische Ausstattung. Denn diese kann das Ansprechen auf Medikamente beeinflussen, wie Forschende bereits im Frühjahr herausgefunden haben. Die Arzneimitteldosierung sollte daher an die DNA angepasst werden, fordern sie.
Internationale Studie mit rund 7.000 Patient:innen
Dass einige Menschen Medikamente verzögert abbauen und bei ihnen daher eine niedrigere Dosierung genügt als bei anderen, ist bekannt. Um herauszufinden, welchen Einfluss die menschlichen Gene dabei haben, hat ein Forscherteam eine Studie an rund 7.000 Personen aus sieben europäischen Ländern, die in unterschiedlichen medizinischen Indikationen behandelt wurden, durchgeführt. Beteiligt waren unter anderem Wissenschaftler:innen des Bosch Health Campus Stuttgart, des Leiden University Medical Center (Niederlande), der Uppsala Universitet (Schweden), University of Liverpool (Großbritannien).
Überprüft wurden insgesamt zwölf Gene, für die bereits ein Zusammenhang mit Medikamenten nachgewiesen wurde, und deren verschiedene Varianten sowie ihr Einfluss auf 39 ausgewählte Arzneimittel. Ein Teil der Patient:innen wurde dabei mit einer Standarddosierung behandelt, während der andere Teil einen sogenannten, speziell entwickelten DNA-Medikamentenpass erhielt, sodass die Therapie an ihre spezifischen Erbinformationen angepasst wurde.
Weniger Nebenwirkungen: Arzneimitteldosierung an DNA anpassen
Das Ergebnis: Es zeigten sich deutliche Unterschiede in puncto Nebenwirkungen. Konkret hatten Patient:innen, die eine individuell auf ihre DNA angepasste Arzneimitteldosierung erhielten, um bis zu 30 Prozent seltener unerwünschte Wirkungen als diejenigen, denen eine Standarddosierung verabreicht wurde. Hinzukommt, dass sowohl Patient:innen als auch behandelnde Ärzt:innen und beratendes Apothekenpersonal positiv auf das Vorhaben reagierten, heißt es in einer Pressemitteilung des Bosch Health Campus.
Es handelt sich laut den Forschenden um die erste Studie, die den klinischen Nutzen von genetischen Informationen zur Vermeidung von Arzneimittelnebenwirkungen belegt. „Mit dem Pass können Ärzt:innen ihre Patient:innen künftig individualisiert behandeln, das heißt eine auf sie zugeschnittene Dosierung der Medikamente auswählen“, lautet daher das Fazit der Forschenden.
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