Arbeitszeiterfassung: Ärger vorprogrammiert?
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ist flächendeckend umzusetzen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) vor knapp drei Jahren entschieden. Auch zum Wie gibt es Vorgaben – objektiv, verlässlich und zugänglich. Die Adexa klärt über Rechte und Pflichten auf.
Nach dem Arbeitszeitgesetz mussten bislang nur Überstunden und Sonntagsarbeit erfasst werden. Doch das BAG-Urteil aus dem September 2022 verpflichtet zur systematischen Erfassung der gesamten Arbeitszeit. Dem vorausgegangen war eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.
„Um die Einhaltung der Höchstarbeitszeit sowie der täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten wirksam gewährleisten zu können, muss der Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit jeder Arbeitnehmerin bzw. jedes Arbeitnehmers aufzeichnen“, heißt es vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Gesundheitsschutz und Vergütung
Aus Sicht der Adexa gibt es zwei wichtige Aspekte in puncto Arbeitszeit: den Gesundheitsschutz der Angestellten und die Vergütung. Somit wird die Arbeitszeit zum einen erfasst, um Pausen- und Ruhezeiten sicherzustellen und zum anderen, um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen.
Wer mehr als sechs und maximal neun Stunden arbeitet, muss 30 Minuten Pause machen können. Angestellte, die mehr als neun Stunden am Tag arbeiten, haben Anspruch auf eine 45-minütige Auszeit. Zudem müssen zwischen Ende und Beginn der Arbeitszeit elf Stunden Ruhezeit gewährt werden.
Konflikte bei elektronischer Erfassung
Apotheken setzten zum Teil auf elektronische Zeiterfassungssysteme. Das sorgt zwar für mehr Transparenz, hat aber laut Adexa Konfliktpotenzial. Der Grund: Mitarbeitende können sich plötzlich mit unklaren Arbeitszeitbuchungen oder fehlerhaften Stundenerfassungen konfrontiert sehen, beispielsweise durch Feier- oder Krankheitstage, weil Zeiterfassungssysteme mitunter mit Durchschnittswerten und nicht mit tatsächlichen Arbeitszeiten pro Tag arbeiten. In der Folge werden Minusstunden angesammelt.
Dabei gibt es klare Regeln. Laut Entgeltfortzahlungsgesetz erhalten Beschäftigte für arbeitsfreie Feiertage und Krankheitstage die Vergütung für die tatsächlich ausgefallene Arbeitszeit, so die Adexa. Zudem legt das Bundesurlaubsgesetz fest, dass im Urlaub das Gehalt für die reguläre Arbeitszeit gezahlt werden muss.
Arbeitszeitkonto und Minusstunden
Generell gilt die Faustregel „Ohne Arbeitszeitkonto keine Minusstunden“. Wurde kein Jahresarbeitszeitkonto vereinbart, und zwar im gegenseitigen Einverständnis, haben die vertraglich festgelegten Arbeitszeiten Gültigkeit. Stellen Mitarbeiter:innen ihre Arbeitskraft uneingeschränkt zur Verfügung, dürfen somit keine Minusstunden im eigentlichen Sinn anfallen. Stichwort Annahmeverzug. Angestellten ohne explizite Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos nachträglich angeblich nicht geleistete Arbeitszeit als Minusstunden vom Gehalt abzuziehen, ist dagegen tabu. Das zeigt auch ein Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen.
Arbeitszeit vertraglich festlegen
Um Missverständnisse und rechtliche Probleme zu vermeiden, empfiehlt die Adexa, die Arbeitszeiten im Arbeitsvertrag festzulegen. Sind ein Jahresarbeitskonto und eine Musterwoche vereinbart, werden die hinterlegten Stunden an Feiertagen, bei Krankheit oder im Urlaub entsprechend gutgeschrieben. So können Konflikte bei der Arbeitszeiterfassung vermieden werden.
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