Apothekenreform: PTA-Vertretung soll auf dem Land erprobt werden
Das Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) hat das Kabinett passiert, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat einen überarbeiteten Entwurf vorgelegt. So soll die PTA-Vertretung zunächst auf Probe eingeführt werden, und zwar nur in ländlichen Regionen.
Der Entwurf enthält laut BMG verschiedene „Maßnahmen zur Stärkung des flächendeckenden Netzes von Vor-Ort-Apotheken für die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung der Bevölkerung“. Die Aufgaben der Apotheken würden erweitert und die wirtschaftliche Betriebsführung der Apotheken werde verbessert. Insbesondere öffentliche Apotheken im ländlichen Raum würden gestärkt. Das Honorar fehlt nach wie vor, soll aber zügig nachgeholt werden.
PTA-Vertretung nur auf dem Land
Die PTA-Vertretung wurde modifiziert: „Mit behördlicher Genehmigung können im Rahmen einer praktischen Erprobung erfahrene PTA zur vorübergehenden Aufrechterhaltung des Betriebs von Apotheken in ländlichen Regionen für maximal 20 Tage, davon höchstens 10 Tage am Stück, ihre Apothekenleitung vertreten“, so das BMG. Ob es bei der zweijährigen Ausbildung bleibt, für die die Bundesapothekerkammer (BAK) ein Curriculum erstellen soll, ist unklar. Das wird erst noch im Verordnungsteil geregelt.
Neue pDL und Impfungen
Im jetzt verabschiedeten ApoVWG ist auch geregelt, dass Apotheken neue pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) zur Stärkung der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und tabakassoziierten Erkrankungen und Früherkennung von hierfür maßgeblichen Erkrankungsrisiken durchführen dürfen. Zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit sollen die Durchführung von pDL und deren Ergebnis in der elektronischen Patientenakte gespeichert (ePA) und der Arzt oder die Ärztin über bestimmte pDL informiert werden. Diese können auch ärztlich verschrieben werden.
Apotheken sollen zukünftig Impfungen mit allen Impfstoffen, die keine Lebendimpfstoffe sind, durchführen können, also etwa Tetanus und FSME. Nicht nur die ärztliche Schulung, sondern auch die Vergütungsverhandlung soll entsprechend ausgeweitet werden.
Rx-Abgabe ohne Rezept
Wie bereits im Referentenentwurf geplant, wird Apotheken die Abgabe von bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ohne Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung ermöglicht. Dies gilt zum einen unter bestimmten Bedingungen bei der Anschlussversorgung bei chronischen Erkrankungen, zum anderen bei bestimmten akuten, unkomplizierten Erkrankungen. Hierzu sollen die Ausnahmen laut BMG eng begrenzt sein, die entsprechenden Erkrankungen, Arzneimittel und Vorgaben für die Abgabe sollen per Verordnung festgelegt werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie die Arzneimittelkommissionen der Ärzte (AkdÄ) und der Apotheker (AMK) werden bei der Erstellung eingebunden. Ausgeschlossen sind Arzneimittel mit hohem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotential und systemisch wirkende Antibiotika.
Die zusätzliche Vergütung, die Apotheken dafür von ihren Kund:innen verlangen dürfen, wird wiederum separat im Verordnungsteil geregelt.
Austausch und Retaxsperre
Nullretaxationen aus formalen Gründen werden ausgeschlossen: Gibt die Apotheke ein Arzneimittel ab, dass mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist und für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und eine austauschbare Darreichungsform besitzt, darf die Krankenkasse beispielsweise wegen geringfügiger Fehler bei der Abrechnung nicht mehr auf Null retaxieren.
Apotheken sollen künftig bei der Einlösung von Arzneimittelverordnungen ein vorrätiges Arzneimittel abgeben dürfen, sofern rabattierte Arzneimittel nicht verfügbar sind. Diese Regelung wird ebenfalls zunächst zeitlich befristet und im Anschluss evaluiert.
Teildienste und Zweigapotheken
Insbesondere für Apothekenstandorte in ländlichen Gebieten wird ein neuer Zuschuss für Teilnotdienste eingeführt. „Zudem stärken die Maßnahmen die Arzneimittelversorgung in abgelegenen Orten mit deutlich eingeschränkter Arzneimittelversorgung, indem die Gründung von Zweigapotheken erleichtert wird“, so das BMG.
Verordnung fehlt noch
Noch nicht verabschiedet wurde die Zweite Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) und der Arzneimittelpreisverordnung (AmPreisV). Diesen Entwurf will das BMG parallel zum Gesetzentwurf überarbeiten, um wichtige Regelungen zur Apothekenvergütung auf den Weg zu bringen. Geplant ist eine „jährliche Verhandlungslösung“; hier hat das BMG nachgebessert. Bislang war von regelmäßigen Verhandlungen die Rede.
Der Zuschuss für Nacht- und Notdienste soll wie geplant über die Verordnung dann nahezu verdoppelt werden. „Dadurch wird die Vergütung ländlicher Apotheken signifikant angehoben“, so das BMG. Handelsübliche Skonti zwischen Apotheken und dem Großhandel sollen wieder erlaubt werden. Ebenfalls im Verordnungsteil finden sich Maßnahmen zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes sowie der Betriebsabläufe einschließlich der Öffnungszeiten. Zudem seien „strengere Qualitätsvorgaben“ für den Arzneimittelversandhandel vorgesehen; bislang hatte das BMG hier nur auf kühlpflichtige Präparate abgestellt.
Tests im Pflegeheim
Weiter im ApoVWG enthalten: In Apotheken und zugelassenen Pflegeeinrichtungen sollen Schnelltests gegen bestimmte Erreger wie Adeno-, Influenza-, Noro-, RS- und Rotavirus erfolgen können. Mit der Anpassung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) wird darüber hinaus die Werbung dafür gestattet.
Geteilte Filialleitung
Im Hinblick auf flexiblere Arbeitszeitmodelle kann die Apothekenleitung von Filial- oder Zweigapotheken auch durch zwei Personen wahrgenommen werden. Dabei kann eine zeitliche oder organisatorische Abgrenzung der Verantwortlichkeiten erfolgen.
Im Rahmen eines Heimversorgungsvertrags können Arztpraxen Rezepte und E-Rezepte für die von der heimversorgenden Apotheke versorgten Heimbewohnerinnen und -bewohner direkt an die heimversorgende Apotheke übermitteln.
Apotheken wird die Möglichkeit eröffnet, zur Lagerung von Fertigarzneimitteln eingesetzte Kommissionierautomaten auch zur Lagerung von verkehrs- und verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln in Form von Fertigarzneimitteln zu nutzen.
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