Antidiabetika: Wirkunterschiede nach Alter und Geschlecht?
Weltweit leidet rund jede/r zehnte Erwachsene an Diabetes – schätzungsweise mehr als 400 Millionen Menschen. Dabei ist die Erkrankung laut Expert:innen bei rund der Hälfte der Betroffenen noch nicht diagnostiziert. Ein Großteil der Fälle geht auf Diabetes mellitus Typ 2 zurück. Zur Behandlung kommen verschiedene Arzneimittel ins Spiel. Doch je nach Alter zeigen sich bei Antidiabetika Wirkunterschiede, so eine Studie. Auch das Geschlecht spielt mitunter eine Rolle.
Allein hierzulande leben rund neun Millionen Menschen mit Typ-2-Diabetes. Dabei kommt es zu einer Insulinresistenz, sodass die Zellen weniger empfindlich auf Insulin reagieren. Dies sorgt für einen Anstieg des Blutzuckerspiegels, weil Glukose aus der Nahrung nur noch eingeschränkt vom Blut in die Zellen gelangt. Hinzukommt eine „Erschöpfung“ der insulinproduzierenden Zellen, die durch eine langfristige Überproduktion von Insulin entsteht.
Zur Behandlung kommen neben einer Lebensstiländerung verschiedene Wirkstoffgruppen zur Blutzuckersenkung ins Spiel, darunter Insulin, Metformin, SLGT-2-Hemmer, GLP-1-Analoga, Sulfonylharnstoffe und Co. Die jeweiligen Antidiabetika können dabei Wirkunterschiede je nach Alter und Geschlecht der Patient:innen aufweisen. Das ist das Ergebnis einer Studie aus Schottland
Die Studie
Forschende der School of Health and Wellbeing der Universität Glasgow haben in einer Metaanalyse anhand von mehr als 600 Studien untersucht, wie Alter und Geschlecht die Wirksamkeit von Antidiabetika beeinflussen. Dabei wurden Daten von mehr als 300.000 Diabetes-Patient:innen analysiert, die mit GLP-1-Rezeptoragonisten, SLGT2-Hemmern, DPP-4-Hemmern oder einem Placebo oder einem aktiven Vergleichspräparat behandelt wurden. Dabei zeigten sich bei den drei Antidiabetika Wirkunterschiede nach Alter sowie Geschlecht.
Wirkstoffcheck
SGLT-2-Hemmer – Gliflozine – wirken insulinunabhängig und hemmen spezifisch den renalen, natriumabhängigen Glukosetransporter SGLT-2 (Sodium dependent glucose co-transporter 2) in der Niere, wodurch es zu einer vermehrten Glukoseausscheidung über den Harn und damit zu einer Senkung der Glukosewerte im Blut kommt. Außerdem wird ihnen ein blutdrucksenkender, gewichtsreduzierender sowie ein kardioprotektiver Effekt zugesprochen.
GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid, Liraglutid und Co. sind GLP-1-Analoga. Binden die Wirkstoffe an den GLP-1-Rezeptor, wird dieser aktiviert. Die Folgen: Der Blutzuckerspiegel wird glukoseabhängig durch Stimulation der Insulinsekretion und Senkung der Glukagonsekretion herabgesetzt. GLP-1-Rezeptoragonisten können als Monotherapie oder in Kombination mit anderen Antidiabetika genutzt werden.
DPP-4-Hemmer – Gliptine –wie Sitagliptin und Vildagliptin sorgen für eine Hemmung des Enzyms Dipeptidylpeptidase 4 (DPP-4), das wiederum den Abbau von GLP 1 ankurbelt. Somit kommt es zur Wirkverlängerung von GLP-1 und einer verstärkten Ausschüttung von Insulin, wodurch der Blutzuckerspiegel gesenkt wird.
Antidiabetika: Alter und Geschlecht sorgen für Wirkunterschiede
Während die blutzuckersenkende Wirkung von SGLT-2-Hemmern mit zunehmendem Alter nachließ – vermutlich aufgrund der verminderten Nierenfunktion, wodurch weniger Glukose über die Nieren ausgeschieden wird –, wiesen ältere Patient:innen unter der Therapie seltener Herz-Kreislauf-Ereignisse auf.
Demgegenüber konnten GLP-1-Agonisten die Blutzuckerwerte im Alter deutlicher senken, der kardioprotektive Effekt war jedoch bei jüngeren Patient:innen stärker ausgeprägt. Die möglichen Gründe dafür sind laut den Forschenden nicht klar.
Wurden DPP-4-Hemmer zur Therapie genutzt, konnten zwar kaum altersbedingte Unterschiede festgestellt werden, dafür hatte das Geschlecht einen Einfluss auf das Auftreten von Herz-Kreislauf-Ereignissen. So entwickelten Frauen unter der Behandlung seltener entsprechende Ereignisse und die Blutzuckersenkung fiel bei ihnen stärker aus, insbesondere im Rahmen einer Triple-Therapie aus Metformin, einem SLGT2-Hemmer oder GLP-1-Analogon sowie einem DPP-4-Hemmer.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass es für einige Gruppen sinnvoll sein könnte, bei der Verschreibung von Medikamenten an Patienten mit Typ-2-Diabetes eine umfassendere Sicht auf den Gesamtnutzen einzunehmen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität. Vor allem für ältere Patient:innen sollte eine sorgfältige Abwägung zur Auswahl der passenden Behandlungsoption erfolgen.
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