Antidepressiva und Co.: ALS durch Psychopharmaka?
Knapp 18 Millionen Menschen leiden allein hierzulande an einer psychischen Erkrankung, das entspricht mehr als jedem/jeder Vierten. Suchen die Betroffenen Hilfe, kommt neben einer Therapie häufig auch eine medikamentöse Behandlung ins Spiel. Doch Psychopharmaka wie Antidepressiva und Co. können Auslöser von ALS sein, zeigt eine Studie.
Amyotrophe Lateralsklerose – kurz ALS – ist eine neurodegenerative Erkrankung, die das zentrale und periphere Nervensystem betrifft und dafür sorgt, dass motorische Nervenzellen zerstört werden, die für die Muskelsteuerung verantwortlich sind. Zu den Folgen gehören Muskellähmungen, Probleme beim Schlucken, Sprechen und Atmen bis hin zum Tod.
Neben einer genetischen Veranlagung sind die Ursachen der Erkrankung sowie bestimmte Risikofaktoren bisher noch ungeklärt. Doch offenbar kann die Einnahme von Psychopharmaka wie Anxiolytika, Hypnotika, Sedativa und Antidepressiva das Auftreten von ALS fördern. Das ist das Ergebnis einer Studie aus Schweden.
Einnahme von Psychopharmaka kann ALS begünstigen
„Besteht ein Zusammenhang zwischen der verschriebenen Einnahme gängiger Psychopharmaka und dem Risiko und dem Fortschreiten der amyotrophen Lateralsklerose (ALS)?“ – Dieser Frage sind Forschende des Karolinska-Instituts in Stockholm in einer Registerstudie nachgegangen. Dabei wurden die Daten von allen Personen in Schweden berücksichtigt, die zwischen Anfang 2015 und Mitte 2023 eine ALS-Diagnose erhalten hatten. Insgesamt 1.057 Patient:innen wurden somit einbezogen, denen zum Vergleich jeweils fünf gesunde Personen sowie Geschwister und Ehepartner:innen gegenübergestellt wurden. Die Nachbeobachtungszeit betrug in der ALS-Gruppe im Schnitt 15 Monate.
Dabei zeigte sich: Hatten die Personen vor ihrer Diagnose Psychopharmaka – mindestens zwei Verschreibungen in der Krankenakte – eingenommen, zeigten sie ein deutlich höheres Risiko für eine spätere ALS-Erkrankung. Genau stieg die Gefahr nach der Anwendung von Anxiolytika, Hypnotika und Sedativa oder Antidepressiva um bis zu 34 Prozent.
Auch Überlebenszeit sinkt
Doch damit nicht genug. Denn die Einnahme entsprechender Arzneimittel kann auch Einfluss auf die Krankheitsprognose von Betroffenen haben, und zwar negativ: ALS-Patient:innen, die vor der Diagnose Anxiolytika oder Antidepressiva eingenommen hatten, zeigten eine deutlich kürzere Überlebenszeit und einen schnelleren Funktionsverlust als Betroffene, die keine derartigen Präparate genutzt haben.
Bisher noch nicht abschließend geklärt ist jedoch, welche Rolle die psychische Erkrankung selbst spielt und ob diese somit ebenfalls als Risikofaktor für ALS gilt. „Diese Ergebnisse deuten auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Psychopharmaka oder deren Indikationen (das heißt psychiatrischen Störungen) und dem Risiko und dem Fortschreiten von ALS hin“, lautet daher das Fazit.
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