Geringere Vergütung, mehr Bürokratie: Mit seinem Entwurf zur neuen Corona-Testverordnung sorgte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der letzten Woche für Wirbel. Um Betrugsfälle zu vermeiden, soll es für die Anbieter, darunter auch Test-Apotheken, schärfere Kontrollen geben – und zwar durch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Das sorgt für jede Menge Frust und eine deutliche Botschaft.
Man habe „mit Entsetzen und Fassungslosigkeit“ auf den Referentenentwurf zur Corona-Testverordnung reagiert, heißt es von der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Denn dieser sieht vor, dass die Vereinigungen künftig Kontrollen in Test-Apotheken und Co. durchführen sollen, um unter anderem die Plausibilität der Abrechnungen zu überprüfen – stichprobenartig und bei Veranlassung. Das gilt auch rückwirkend zum 1. Januar. Ergibt sich aufgrund der Prüfung ein Anfangsverdacht auf strafbare Handlungen mit nicht nur geringfügiger Bedeutung, soll die KV „unverzüglich“ die Staatsanwaltschaft unterrichten.
„Wir lehnen diese Aufgaben ab! Wir haben weder die personellen, noch die logistischen Möglichkeiten diese Aufgaben zu übernehmen“, sagte der KVN-Vorstandsvorsitzende, Mark Barjenbruch. Hinzu kommt, dass im Entwurf zur neuen Testverordnung nicht geregelt sei, nach welchen Kriterien die Kontrollen von Test-Apotheken und Co. überhaupt erfolgen sollen. Zudem könnten sich aus den Überprüfungen unter Umständen langwierige Rechtsstreitigkeiten mit den Betreiber:innen der Teststellen entwickeln. „Wir sollen jetzt dafür bluten, dass es bei der Auswahl der Teststellenbetreiber und den Vorgaben in der Testverordnung zu Mängeln gekommen ist“, kritisiert Barjenbruch daher. Er sieht die Aufgabe der Abrechnungsprüfung stattdessen beim Bundesamt für Soziale Sicherung, das die Testungen auch finanziert. Die Prüfinstrumente der KVen könnten dagegen nur für deren jeweilige Mitglieder genutzt werden.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) geht sogar noch einen Schritt weiter. Nach einer gemeinsamen Videokonferenz mit allen 17 KVen formulierte KBV-Chef Andreas Gassen eine deutliche Botschaft an die Politik: „Die jetzigen Regelungen im Entwurf insbesondere zur Abrechnungsprüfung machen es den KVen unmöglich, Auszahlungen an die Teststellen rechtssicher vorzunehmen. Sie müssten sie zunächst ruhen lassen, bis die Korrektheit der Abrechnungen abschließend von der KV bestätigt werden kann.“ Heißt im Klartext: keine Kontrollen, kein Geld für Test-Apotheken und andere Anbieter. Denn die vom BMG vorgesehenen Überprüfungen seien für die KVen weder rechtlich noch tatsächlich möglich. Hinzu komme, dass man nicht die Verantwortung für die Fehler anderer übernehmen wolle. „Wir lassen uns nicht den Schwarzen Peter für etwas zuschieben, das wir nicht zu verantworten haben“, erklärt Gassen. Aktuell sei es ihm zufolge ohnehin wichtiger, für einen reibungslosen Ablauf beim Impfen zu sorgen. „Je schneller die Impfungen voranschreiten und je mehr Menschen geimpft sind, umso weniger Tests werden wir brauchen.“
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