Antibiotika können ein stumpfes Schwert sein, wenn es um multiresistente Keime geht – rund 6 Prozent der Krankenhauskeime sprechen nicht auf eine Antibiose an. Dass Süßstoffe wie Acesulfam-K das Wachstum von multiresistenten Keimen stoppen können, zeigen Forschende der Brunel University in London.
Bakterien sind anpassungsfähig. Antibiotikaresistenzen entstehen durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch die Aufnahme von Resistenzgenen aus der Umgebung, die Bakterien untereinander austauschen und dabei weitergeben, wie das Robert-Koch-Institut informiert. Weil Bakterien mehrere Resistenzgene aufnehmen können, sind diese gegen verschiedene Antibiotika unempfindlich – die Rede ist von multiresistenten Keimen. Kommen Antibiotika zu oft, zu lange oder unsachgemäß zum Einsatz, wird die Entstehung und Verbreitung von resistenten Keimen befeuert.
Alternativen sind gefragt. Und die könnten in Form von Süßstoffen kommen. Forschende der Brunel University in London haben drei Süßstoffe – Acesulfam-K, Cyclamat und Saccharin – als mögliche Behandlungsoptionen gegen Acinetobacter baumannii und Pseudomonas aeruginosa genauer unter die Lupe genommen. Laut Einstufung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) müssen für beide Keime dringend neue Therapieoptionen gefunden werden. Die Ergebnisse wurden im „Molecular Medicine“ der European Molecular Biology Organization veröffentlicht.
Acesulfam-K kann Bakterienwachstum stoppen und Antibiotikum verstärken
„Künstliche Süßstoffe sind in allen Diät- und zuckerfreien Lebensmitteln enthalten“, wird der Biowissenschaftler Dr. Ronan McCarthy zitiert. „Wir haben herausgefunden, dass dieselben Süßstoffe, die Sie in Ihrem Kaffee oder in Ihrer ‚zuckerfreien‘ Limonade haben, sehr gefährliche Bakterien abtöten und ihre Behandlung erleichtern können.“ Konzentriert haben sich die Forschende jedoch auf die Wirksamkeit von Acesulfam-K, das unter anderem in Joghurt oder Diätgetränken das Wachstum von Acinetobacter baumannii und Pseudomonas aeruginosa stoppen konnte.
Konkret haben die Forschenden analysiert, dass Acesulfam-K die Ausbildung des schützenden Biofilms der Bakterien verhindern kann. Die Folge: weniger Resistenzen und chronische Entzündungen. Außerdem fungiert der Süßstoff als eine Art Booster für das Antibiotikum. Wird dessen Wirksamkeit durch Acesulfam-K verstärkt, kann die Dosierung verringert und somit unerwünschte Arzneimittelwirkungen und das Risiko für Resistenzen reduziert werden.
Acesulfam-K oder auch E950 ist 200-mal süßer als Zucker und dabei kalorienfrei. Entdeckt wurde der Süßstoff zufällig, und zwar 1967 von Chemiker Carl Clauß bei der Synthese von Oxathiazinondioxiden. Der Süßstoff gilt als unbedenklich, sollte aber nur in Maßen konsumiert werden – täglich sollte eine Menge von 9 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht (ADI-Wert; akzeptable tägliche Aufnahmemenge) nicht überschritten werden. Kinder sollten auf Produkte mit Acesulfam-K besser verzichten.
Ob die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen werden können, ist noch offen. Das Team arbeitet derzeit an weiteren präklinischen Tests.
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