Anzeige gegen Chef:in: Kündigung gerechtfertigt?
Nicht nur Angestellte, sondern auch Arbeitgebende müssen sich am Arbeitsplatz bekanntlich an bestimmte Vorgaben halten – Stichwort Arbeitsschutzmaßnahmen und Co. Verstoßen sie dagegen, können Beschäftigte dies bei der zuständigen Behörde melden. Doch was gilt, wenn Vorgesetzte eine Straftat begehen? Ist eine Kündigung bei Anzeige gegen den/die Chef:in gerechtfertigt? Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern liefert die Antwort.
Was war passiert? Eine Angestellte erstattete Strafanzeige bei der Polizei gegen ihre Vorgesetzte, weil diese Gelder veruntreut beziehungsweise private Anschaffungen und Abbuchungen vom geschäftlichen Konto getätigt haben soll. Konkret ging es um einen gemeinnützigen Verein, aus dessen Kasse sich die erste Vorstandsvorsitzende bedient haben soll. Doch der Beschäftigen wurde vorgeworfen, vor ihrer Anzeige gegen die Chefin nicht versucht zu haben, die Angelegenheit intern zu regeln. Dies stellte in den Augen des Vereins als Arbeitgeber eine Pflichtverletzung dar, die zur Kündigung – sowohl außerordentlich als auch ordentlich verhaltens- sowie betriebsbedingt – führte. Dagegen wehrte sich die Angestellte und der Fall landete vor Gericht.
Das Ergebnis: Eine fristlose Kündigung wegen der Anzeige gegen die Vorgesetzte war nicht zulässig, trotzdem wurde das Arbeitsverhältnis aufgelöst. Der Grund: Arbeitgebende dürfen laut den Richter:innen ein Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer Abfindung beenden, wenn dieses „durch eine persönliche Feindschaft oder einen persönlichen Machtkampf geprägt ist und die Unternehmensinteressen nicht mehr im Vordergrund stehen.“ Dies sei im vorliegenden Fall durch die Anzeige gegeben. Indem der Arbeitgeber eine Summe von 9.000 Euro Abfindung zahlte, wurde das Arbeitsverhältnis somit aufgelöst.
Anzeige gegen Chefin: Keine Pflicht zur vorherigen Klärung
Eine (außerordentliche) Kündigung war jedoch nicht zulässig. „Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft durch einen Arbeitnehmer wegen eines vermeintlich strafbaren Verhaltens des Arbeitgebers oder seiner Repräsentanten stellt als Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte – soweit nicht wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht werden – im Regelfall keine eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung dar“, heißt es im Urteil. Die Angestellte habe sich jedoch rechtskonform verhalten. Die Vorwürfe intern zu klären, sei zudem aussichtslos gewesen, weil sich diese gegen die Vorgesetzte richteten. „Die Klägerin konnte innerhalb des Vereins nicht mit einer neutralen, unvoreingenommenen Aufarbeitung der Vorgänge rechnen“, so die Richter:innen weiter.
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