ApoVWG: Rx ohne Rezept nur vom Apotheker
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat den Referententwurf für die Apothekenreform in die Ressortabstimmung gegeben. Um die Versorgung zu erleichtern, sollen Apotheker:innen „in Situationen besonderer Dringlichkeit und besonderen Versorgungsbedarfs“ Arzneimittel ohne Rezept abgeben dürfen. Dafür sieht der Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Apothekenversorgung (Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz – ApoVWG) klare Regeln vor.
Apotheker:innen, die zum Personal der Apotheke gehören, dürfen ausnahmsweise verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben. Dazu sind Änderungen im Arzneimittelgesetz (AMG) vorgesehen.
§ 48a AMG
Die Änderung soll die Abgabe von bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch Apotheker:innen zur Anschlussversorgung ermöglichen. So sollen verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Vorliegen einer ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibung abgegeben werden dürfen, wenn der/die Versicherte über mindestens vier Quartale hinweg mit dem Arzneimittel behandelt wurde. Apotheker:innen dürfen in diesem Fall einmalig die kleinste Packungsgröße liefern, wenn die Fortführung der Behandlung keinen Aufschub erlaubt. Als Nachweis, dass das betreffende Arzneimittel zuvor bereits über vier Quartale hinweg verschrieben wurde, gelten insbesondere entsprechende, in der elektronischen Patientenakte (ePA) gespeicherte Daten.
Dabei gelten Ausnahmen. Nicht abgegeben werden dürfen ohne Verschreibung:
- Arzneimittel mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid oder Thalidomid
- Arzneimittel mit hohem Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial wie Betäubungsmittel (BtM) oder opioidhaltige Arzneimittel, die nicht dem Betäubungsmittelrecht unterliegen, sowie für Hypnotika, Sedativa oder Anxiolytika,
- Arzneimittel, nach deren Fachinformation vor einer weiteren Verschreibung eine ärztliche Diagnostik oder Kontrolle erforderlich ist,
- Arzneimittel, die außerhalb der in der Fachinformation genannten Anwendungsgebiete ärztlich oder zahnärztlich verschrieben worden sind.
Die Abgabe ist in der ePA zu dokumentieren. Die Aufgabe der Doku sollen auch PTA übernehmen dürfen. Pro Doku werden durchschnittlich zwei bis fünf Minuten eingeplant.
§ 48b AMG
Zudem soll eine Änderung in § 48b AMG die Abgabe bestimmter Rx-Arzneimittel durch Apotheker:innen zur Versorgung bei bestimmten Erkrankungen ermöglichen. Erteilt wird eine Verordnungsermächtigung zur akuten Versorgung im Fall einer akuten Erkrankung und wenn die Entscheidung der Apothekerin oder des Apothekers dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entspricht.
Unter akuten Erkrankungen sind laut Entwurf zum Zeitpunkt der Abgabe vorliegende Krankheiten zu verstehen. Diese können sich beispielsweise durch einen plötzlichen Beginn, eine kurze Dauer und einen klaren Anfangspunkt auszeichnen. Unkomplizierte Formen einer akuten Erkrankung beschreiben in der Regel ein Krankheitsbild ohne schwerwiegende Komplikationen oder schwerwiegende Folgeerkrankungen. In der Regel bedürfen sie keiner speziellen oder intensiven medizinischen Behandlung und es ist eine vollständige Genesung möglich, heißt es.
Das BMG wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Vorgaben für die Abgabe von Rx-Arzneimitteln festzulegen. Die Vorgaben der Rechtsverordnung können sich beziehen auf:
- bestimmte akute Erkrankungen, deren unkomplizierte Formen und deren Krankheitsausprägungen, sowie bestimmte Patientengruppen,
- bestimmte Arzneimittel, Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sowie bestimmte Dosierungen, Potenzierungen, Darreichungsformen, Anwendungsbereiche oder Packungsgrößen,
- Handlungsanweisungen für Apotheker:innen,
- Anforderungen an pharmazeutische Beratung und Dokumentation,
- die in der ePA zu speichernden Daten, einschließlich der Inhalte, Struktur und Form der Übermittlung.
Laut Maßnahmenübersicht sollen Apotheken für den höheren Beratungsaufwand bis zu 5 Euro als Selbstzahlerleistung abrechnen können. Auch das Arzneimittel sollen Patient:innen aus eigener Tasche zahlen.
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