ApoVWG: Erleichterte Austauschregeln und Retaxschutz
Apotheken sollen mehr Beinfreiheit bekommen und künftig auf ein wirkstoffgleiches Arzneimittel austauschen dürfen, wenn das rabattierte Arzneimittel nicht verfügbar ist. Zudem sollen Nullretaxationen ausgeschlossen werden. Grundlage ist der Referentenentwurf eines Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetzes (ApoVWG).
Derzeit können Apotheken auf ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ausweichen, wenn das abzugebende nicht lieferbar ist. Als nicht lieferbar gilt ein Präparat, wenn es innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen nicht beschafft werden kann. Werden Apotheken von nur einem Großhandel beliefert, liegt eine Nichtverfügbarkeit vor, wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Frist durch eine Verfügbarkeitsanfrage nicht beschafft werden kann.
In diesem Fall kann gegen ein verfügbares, wirkstoffgleiches Arzneimittel getauscht werden. Außerdem dürfen Apotheken auch weiterhin ohne Arztrücksprache von der Verordnung abweichen, wenn die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird. Dies gilt für die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung definierten Messzahl, die Packungsanzahl, die Entnahme von Teilmengen aus Fertigarzneimittelpackungen, soweit die abzugebende Packungsgröße nicht lieferbar ist, und die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.
Künftig sollen Apotheken austauschen dürfen, wenn ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar ist. Apotheken sollen in diesem Fall zeitlich befristet – vorerst für ein Jahr – unmittelbar zur Abgabe eines vorrätigen wirkstoffgleichen Arzneimittels berechtigt sein. Möglich machen soll dies eine Änderung in § 129 Sozialgesetzbuch (SGB) V in Absatz 4c. Konkret heißt es im Entwurf: „Ist ein rabattiertes Arzneimittel bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke unmittelbar zur Abgabe eines lieferbaren wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 berechtigt.“ Patient:innen sollen durch die Neuregelung schneller versorgt und Apotheken bei Bestellvorgängen entlastet werden. Kann nur oberhalb des Festbetrages versorgt werden, tragen die Kassen die Mehrkosten. Mit Ablauf der Befristung soll die Regelung auf ihre Kostenwirkung für die gesetzliche Krankenversicherung evaluiert werden. Zudem wird festgehalten, dass eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten mit rabattierten Arzneimitteln von den Vertragspartnern sicherzustellen ist.
Außerdem soll künftig ein Retaxschutz gelten – und zwar auch dann, wenn die Verfügbarkeitsanfragen ganz oder teilweise nicht vorgenommen wurden. Weiter heißt es: „Eine Retaxation ist auch ausgeschlossen, wenn trotz ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung ein Arzneimittel abweichend vom Rahmenvertrag nach Absatz 2 abgegeben wurde, sofern es sich um einen die Arzneimittelsicherheit nicht wesentlich tangierenden Fehler handelt.“
Damit sollen Nullretaxation aus formalen Gründen ausgeschlossen werden, wenn sich das von der Apotheke abgegebene Arzneimittel von dem nach Rahmenvertrag abzugebenden Arzneimittel unterscheidet, die Leistungspflicht der Krankenkasse somit gegenüber dem/der Versicherten aber durch eine sachgerechte Versorgung stattgefunden hat und grundsätzlich erfüllt wurde.
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