ASS: Besser keine präventive Einnahme?
Acetylsalicylsäure (ASS) kommt unter anderem zum Einsatz, um Schmerzen und/oder Fieber zu lindern. Daneben findet das nicht-steroidale Antirheumatikum (NSAR) Anwendung zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse. Doch wie sich zeigt, bleibt dieser gewünschte Effekt mitunter aus. Mehr noch: Die präventive Einnahme von ASS kann mehr schaden als nutzen.
Bereits vor einiger Zeit wurde anhand der Ergebnisse einer großen kontrollierten ASPREE-Studie (ASPirin in Reducing Events in the Elderly) deutlich, dass ASS älteren Patient:innen ohne vorherige Herzerkrankung keine signifikanten Vorteile bietet – sprich: kaum oder nicht vor einem kardiovaskulären Ereignis schützt und somit das Ziel der Primärprophylaxe verfehlt. Dies gilt selbst bei einer Langzeiteinnahme. Im Gegenteil: Durch die Anwendung können sich sogar mehr Nach- als Vorteile ergeben. Stichwort Blutungsrisiko. Das bestätigen nun auch neue Folgedaten für die Zeit nach Therapieende.
ASS hemmt die Cyclooxygenase-1 (COX-1). In der Dosierung zu 100 mg wird das Arzneimittel zur Standardtherapie von instabiler Angina pectoris oder akutem Myokardinfarkt eingesetzt. Außerdem können ASS-Präparate zur Reinfarktprophylaxe oder nach arteriellen gefäßchirurgischen Eingriffen eingesetzt werden (Sekundärprophylaxe). In der niedrigen Dosierung von 75 bis 300 mg hemmt ASS irreversibel die Thrombozytenaggregation. Ursache ist eine Acetylierung der COX und die daraus resultierende Hemmung von Thromboxan-A2 in den Blutzellen. In höheren Dosierungen von 500 mg bis 1.000 mg überwiegt die schmerzstillende Wirkung des Arzneistoffes. Die Tageshöchstdosis von 3.000 mg sollte nicht überschritten werden.
ASS: Präventive Einnahme kann Blutungsrisiko erhöhen
Forschende an der Monash University in Melbourne (Australien) haben Follow-up-Daten zur ASPREE-Studie mit insgesamt mehr als 19.000 Patient:innen erhoben, sodass sich insgesamt eine Beobachtungszeit von rund 8,3 Jahren ergab. Dabei bestätigte sich: Bei einer fünfjährigen präventiven Einnahme von niedrigdosiertem ASS (100 mg/Tag) konnte die Rate an kardiovaskulären Ereignissen bei gesunden, älteren Patient:innen auch langfristig kaum gesenkt werden.
Insgesamt konnten unter ASS 43 von schweren kardiovaskulären Ereignissen (MACE) verhindert werden. Demgegenüber erhöhte sich das Risiko für Blutungen im Vergleich zu Placebo erheblich. So traten unter dem Wirkstoff 100 neue Fälle von Blutungen auf. Hinzukam oftmals ein Rebound-Effekt. Demnach stieg das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse nach dem Absetzen deutlich an. 381 Personen aus der einstigen ASS-Gruppe entwickelten innerhalb von vier Jahren nach Therapieende ein MACE – bei den Placebo-Patient:innen waren es 328 Personen. Die Forschenden führen dies womöglich darauf zurück, dass nach dem Absetzen die Cyclooxygenase-Aktivität in den Plättchen deutlich erhöht ist, wodurch die Thrombozytenaggregation erhöht werden kann.
Die unter der präventiven Einnahme von ASS festgestellte erhöhte Sterberate normalisierte sich nach dem Absetzen dagegen wieder.
Übrigens: Auch in der Sekundärprophylaxe, beispielsweise bei Herzpatient:innen nach einem Infarkt, ist ASS nicht mehr Mittel der ersten Wahl, denn laut Studiendaten übertrifft Clopidogrel die Wirkung des NSARs.
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