Salbutamol: Empfehlung – Dosieraerosol auf Pulverinhalator tauschen
Salbutamol-haltige Dosieraerosole sind weiterhin von Lieferengpässen betroffen und Importe sichern die Versorgung. Zudem hat der Beirat für Liefer- und Versorgungsengpässe Maßnahmen zur Abmilderung eines Versorgungsmangels ausgesprochen. Neu ist die Empfehlung an Ärzt:innen und Apotheker:innen, auf Pulverinhalatoren auszuweichen.
Der Versorgungsmangel für Salbutamol-haltige pulmonale Darreichungen besteht weiter. Zwar konnte die Versorgung in den letzten Monaten durch Importe stabilisiert werden. Entwarnung gibt es dennoch nicht, auch nicht, obwohl auf Grundlage der verfügbaren Daten im Frühjahr eine bedarfsgerechte Verfügbarkeit für die nächsten Monate prognostiziert wurde. Daher wurde eine weitere Empfehlung ausgesprochen.
Pulverinhalator statt Dosieraerosol
Ärzt:innen sowie Apotheker:innen empfiehlt der Beirat im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten, „alternative Darreichungsformen von Salbutamol, insbesondere Trockenpulverinhalatoren, zu verschreiben bzw. abzugeben“, wenn dies therapeutisch möglich ist und keine eindeutigen Gründe dagegensprechen – dazu gehören: Kinder unter fünf Jahren, geriatrische Patient:innen, Patient:innen während einer schweren akuten Exazerbation oder mit erwartbar schweren Exazerbationen sowie Patient:innen mit nachgewiesen geringem Atemzugvolumen/Atemzugstärke.
Somit sind Pulverinhalatoren keine Alternative für alle. Dosieraerosole kommen beispielsweise bei Asthma und COPD zum Einsatz. Die treibgasfreien Trockenpulverinhalatoren lösen in der Regel erst ab einem Atemzugvolumen von etwa 30L/min aus und sind somit beispielsweise für Babys, Kleinkinder, COPD-Patient:innen oder starke Asthmatiker:innen nicht geeignet.
Wird dennoch auf einen Pulverinhalator gewechselt, sollen die Patient:innen laut Beirat eine erneute Instruktion zur Inhalationstechnik erhalten, wenn die korrekte Anwendung nicht bekannt ist. Unterstützend könne hierfür die Nationale Versorgungsleitlinie Asthma herangezogen werden.
Kein Austauschverbot für Devices
In der Apotheke darf von einem Dosieraerosol auf einen Pulverinhalator ausgetauscht werden, denn Inhalatoren fallen nur unter die „aut-idem“-Regelung. Fachgesellschaften appellieren seit Jahren, Inhalatoren auf die Substitutionsausschlussliste zu setzen. „Bei Inhalativa handelt es sich eindeutig um Präparate mit ‚kritischer Darreichungsform‘, bei denen eine Aut-idem-Substitution aus medizinischer Sicht (Therapieeffekte und Compliance) außerordentlich problematisch ist.“ Bei Inhalation wirkstoffgleicher Präparate aus unterschiedlichen Inhalatoren könne nicht zwangsläufig von einer therapeutischen Äquivalenz ausgegangen werden. Der Inhalator sei ein integraler Teil des Arzneimittels und damit der Therapie. Doch gemäß Rahmenvertrag darf beispielsweise von einem Dosieraerosol auf einen Autohaler ausgetauscht werden.
Salbutamol: Austauschbare Darreichungsformen
Gemäß Rahmenvertrag müssen bei einem Austausch folgende Punkte gewährleistet sein:
„Das für die Abgabe ausgewählte Fertigarzneimittel muss gegenüber dem ärztlich verordneten Fertigarzneimittel folgende Kriterien erfüllen: […] gleiche oder austauschbare Darreichungsform, dabei gelten folgende Kriterien:
- Darreichungsformen mit identischer Bezeichnung in den Preis- und Produktinformationen sind gleich
- Darreichungsformen nach den Hinweisen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 129 Absatz 1a Satz 1 SGB V (AM-RL Anlage VII Teil A) sind austauschbar
- bei Importarzneimitteln ist unabhängig von der Angabe im Preis- und Produktverzeichnis die für das Referenzarzneimittel gemeldete Darreichungsform zur Auswahl heranzuziehen
- die in Anlage 1 genannten wirkstoffidentischen biotechnologisch hergestellten Arzneimittel mit gleicher Darreichungsform laut Punkt 3 der Fachinformation sind unabhängig von der im Preis- und Produktverzeichnis gemeldeten Darreichungsform austauschbar.“
Im Fall von Salbutamol gelten nach AM-RL nur Retardkapseln und Retardtabletten zudem als austauschbar.
Nur N1
Der Beirat hatte bereits im Januar 2024 eine Empfehlung für weitere Maßnahmen ausgesprochen, die dazu beitragen sollen, die Versorgung sicherzustellen:
- Für die Dauer des Versorgungsmangels sollen Ärzt:innen keine Rezepte für eine individuelle Bevorratung ausstellen. Ein Folgerezept soll nur ausgehändigt werden, wenn eine weitere Verordnung erforderlich ist. Das Ziel: regionale und/oder individuelle Bevorratungen unterbinden.
- Es soll nur die kleinste Packungsgröße (N1) verordnet und von Apotheken abgegeben werden. So sollen möglichst viele Patient:innen versorgt werden können.
- Liegt in der Apotheke ein Rezept über eine N2- oder N3-Packung vor, empfehlen AMK und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), dass die Verordnenden auf die Empfehlung, die kleinste Packungsgröße zu verordnen, hingewiesen werden.
- Wenn nötig, kann die Abgabe einer N1 durch die Entnahme von Teilmengen in Betracht gezogen werden.
F-Gasverordnung
Die Engpässe verstärken könnte die F-Gasverordnung. Die EU-Richtlinie 2024/573 sieht vor, dass der Einsatz fluorierter Treibhausgase bis 2050 schrittweise auf Null reduziert werden soll. Doch teilfluorierte Kohlenwasserstoffe sind essenzieller Bestandteil von Dosieraerosolen – beispielsweise mit Salbutamol. Eine Umstellung auf Alternativen ist nicht nur zeit- und kostenintensiv, sondern könnte auch den Rückzug von Herstellern zur Folge haben.
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