Spiegel: Tilidin und Co. – Apotheker als Dealer
In Frankfurt soll ein Apotheker einer Bankerin in großem Stil Tilidin verkauft haben. Der „Spiegel“ greift die Geschichte auf und vermutet ein strukturelles Problem: „Viele abhängige Menschen bekommen ihre Suchtmittel nicht auf der Straße, sondern in der Apotheke“, heißt es in dem Beitrag unter der Überschrift „Dealer in der Apotheke“. Der Fall zeige, „wie leicht Pharmazeuten offenbar ihre mächtige Position ausnutzen können“.
Der Apotheker habe ihr ohne Zögern nicht nur Tilidin, sondern auch Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie Tramadol ohne Rezept verkauft. Faktisch habe sie unbegrenzten Zugang zu den verschreibungspflichtigen Medikamenten erhalten, die am Ende ihr Leben zerstört hätten: Während sie mit einer Medikamentenvergiftung bewusstlos in ihrer Wohnung aufgefunden wurde und in eine Entzugsklinik musste, habe der Apotheker „Tausende Euro“ verdient.
Für die beiden Autorinnen des Beitrags ist dies kein Einzelfall. Verwiesen wird auf die jüngste Razzia in Potsdam sowie zwei Prozesse in München und in Hessen aus den Jahren 2022 und 2023. „Die Liste ließe sich wahrscheinlich fortführen. Was vielen Fällen gemein ist: Die Pharmazeuten werden zu Dealern.“
„Apotheken gleichauf mit Internet und Straßendealer“
Dass es „viele Fälle“ sind, schließen die Reporterinnen aus einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) zum Missbrauch von Benzodiazepinen und Opioiden unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dort hätten die 14- bis 30-Jährigen angegeben, „Apotheken genauso häufig als Bezugsquellen genutzt zu haben wie das Internet und Straßendealer“.
Weiter heißt es: „Gemessen daran fliegen die Dealer unter den Pharmazeuten nur selten auf. Noch seltener werden die Verstöße mit einer Schließung der Apotheken sanktioniert.“
Im Fall der Bankerin wurde der Apotheker zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt; die berufsrechtliche Prüfung ist demnach noch nicht abgeschlossen.
Leichtes Spiel für Apotheker:innen?
Thomas Heil, Anwalt der Patientin, findet, dass der „Weißmarkt“ im Vergleich zum „Schwarzmarkt“ unterschätzt werde. Die Vorgaben machten es Apothekerinnen und Apotheker sehr leicht – obwohl man doch wisse, dass der Medikamentenmissbrauch nicht nur auf der Straße, sondern auch in besseren Kreisen verbreitet sei.
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