Baclofen und Co.: Keine Muskelrelaxantien bei Rückenschmerzen?
„Ich habe Rücken“ – Sätze wie diese fallen in der Apotheke beinahe täglich. Dann ist schnelle und effektive Hilfe gefragt, die meist in Form von Schmerzmitteln im Rahmen der Selbstmedikation kommt. Warum Muskelrelaxantien bei akuten Rückenschmerzen nur eine kurzfristige Option sein sollten, erfährst du von uns.
Rückenschmerzen gehören für viele Menschen zum Alltag. So sind hierzulande etwa 60 Prozent der Menschen mindestens einmal im Jahr davon betroffen. Häufig machen sich die Beschwerden im unteren Rücken bemerkbar und schränken die Bewegungsfreiheit von Patient:innen und damit auch die Lebensqualität ein. Zur Linderung kommen in der Regel Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zum Einsatz. Und auch Muskelrelaxantien finden bei Rückenschmerzen immer wieder Anwendung. Doch diese sollten besser mit Vorsicht genutzt werden, warnen Forschende.
Muskelrelaxantien sorgen für eine reversible Erschlaffung der Skelett-Muskulatur, genau der quergestreiften Muskulatur. Unterschieden wird zwischen peripheren und zentralen Muskelrelaxantien. Während erstere die neuromuskuläre Erregung an den motorischen Endplatten der quergestreiften Muskulatur hemmen, wirken letztere im Zentralnervensystem auf Synapsen, die für die Regulation des Muskeltonus verantwortlich sind. Zu den zentral wirksamen Muskelrelaxantien gehören unter anderem Baclofen und Methocarbamol zur Lösung von Krämpfen oder Verspannungen, zu den peripher wirksamen Succinylcholin sowie Atracurium, die vor und während Operationen Anwendung finden.
Muskelrelaxantien lindern Rückenschmerzen, aber …
Ein internationales Forscherteam der Universität Sassari (Italien) hat untersucht, wie wirksam Muskelrelaxantien bei Rückenschmerzen, vor allem im unteren Rücken, sind. Für die Metaanalyse wurden Daten von mehr als 4.700 Personen aus 50 Studien berücksichtigt. Dabei zeigte sich, dass die Wirkstoffe einen „potenziellen kurzfristigen Nutzen in der Behandlung von akuten Rückenschmerzen“ haben können, und zwar unter anderem in Bezug auf die Schmerzlinderung, die Besserung von Muskelspasmen und die Reduktion körperlicher Einschränkungen.
… nur kurzfristig und zu hohem Preis
Somit können Muskelrelaxantien bei akuten Rückenschmerzen zwar durchaus wirksam sein, allerdings nur über einen kurzen Zeitraum von höchstens sieben Tagen. Hinzukommt, dass Patient:innen dafür oftmals einen hohen Preis zahlen. Denn es ließ sich ein um bis zu mehr als 90 Prozent erhöhtes Risiko für Schwindel, Benommenheit und weitere unerwünschte Wirkungen in Zusammenhang mit der Anwendung feststellen. Aus diesem Grund sollten entsprechende Wirkstoffe wenn überhaupt nur kurzfristig – sprich über wenige Tage bis maximal zwei Wochen – angewendet werden.
Aussagen über eine vermeintlich bessere Wirksamkeit als bei NSAR lassen sich den Forschenden zufolge ebenso wenig treffen wie zu der Frage, ob Muskelrelaxantien bei chronischen Rückenschmerzen eine Behandlungsoption darstellen können. „Die Behandlung akuter Kreuzschmerzen mit Muskelrelaxantien war im Vergleich zu Placebo mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Schmerzlinderung und einer höheren Gesamtwirksamkeit verbunden. […] Die beobachteten Nebenwirkungen erfordern Vorsicht“, so das Fazit.
Übrigens: Auch Opioide tragen einer Studie zufolge bei Rücken- und Nackenschmerzen nicht zur Linderung bei und können die Beschwerden sogar verschlimmern.
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