Lunge statt Oberarm: Hormonimplantat auf Wanderschaft
Neben Pille, Kondom und Spirale gehören auch Hormonimplantate zu den beliebten Methoden der Empfängnisverhütung. Denn sie verringern unter anderem das Risiko von Anwendungsfehlern und bieten einen langfristigen Schutz. Doch nach dem Einsetzen ist ein Wandern des Implantats möglich, zeigt ein aktueller Fallbericht.
Bei Hormonimplantaten – auch „Verhütungsstäbchen“ – handelt es sich, wie der Name schon verrät, um ein kleines Stäbchen von mehreren Zentimetern Länge, das unter die Haut implantiert wird – genau auf der Innenseite des Oberarms. Ähnlich wie bei der Minipille enthalten Hormonimplantate nur Gestagen und besitzen keine Östrogenkomponente. Die empfängnisverhütende Wirkung ist auf eine Änderung der Zähflüssigkeit des Zervixschleimes zurückzuführen. Spermien haben es schwerer, in die Gebärmutter zu gelangen. Außerdem hemmen Gestagene den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut, was das Einnisten einer befruchteten Eizelle erschwert.
„Verhütungsstäbchen“ bieten für maximal drei Jahre Verhütungsschutz mit einem Pearl-Index von 0,1 (sehr sicher) und müssen im Anschluss wiederum chirurgisch entfernt werden. In einem aktuellen Fallbericht wird jedoch vor einem Hormonimplantat auf Wanderschaft gewarnt. Genau bewegte sich dieses nach dem Einsetzen in Richtung Lunge.
„Verhütungsstäbchen“: Hormonimplantat auf Wanderschaft
Eine 30-jährige Patientin aus Stoke-on-Trent in England wurde im Krankenhaus behandelt, nachdem ihr vor sechs Jahren ein „Verhütungsstäbchen“ (Nexplanon) eingesetzt wurde. Anders als eigentlich vorgesehen, ließ sie sich das Stäbchen somit nicht nach der üblichen Dauer von drei Jahren entfernen. Das Problem: Als dieses doch herausgenommen werden sollte, war es nicht mehr aufzufinden. Denn das Hormonimplantat hatte sich auf Wanderschaft begeben.
Demnach berichtete die Frau, dass sie bereits eine Woche nach dem Einsetzen das Stäbchen nicht mehr im Oberarm ertasten konnte. Mittels Röntgenaufnahmen konnten die behandelnden Ärzt:innen das Stäbchen schließlich in der Lunge ausfindig machen. Genau war dieses laut den Mediziner:innen zunächst in eine der Venen der oberen Extremität gelangt, von dort zum Herzen gewandert, habe den rechten Vorhof und die rechte Herzkammer passiert und sei schließlich in die linke Pulmonalarterie und von dort in den Lungenlappen gelangt. Da eine Entfernung einen größeren chirurgischen Eingriff erfordert hätte, entschied sich die Frau für den Verbleib des Stäbchens.
Patientinnen sollen gewarnt werden
Laut den Expert:innen handelt es sich bei dem Fallbericht nicht um einen Einzelfall. Im Gegenteil. Allein bei der britischen Arzneimittelbehörde MHRA wurden bis Juni 2019 insgesamt 126 Fälle von gewanderten Hormonimplantaten gemeldet, 18 davon wurden in der Lunge entdeckt. Weltweit kam es unter Nexplanon seit dessen Einführung zu 107 Berichten über Migrationsfälle in die Lungenarterie und die Lungen.
Grund dafür ist unter anderem eine falsche Platzierung des Stäbchens, beispielsweise ein zu tiefes Einsetzen. Um die Wanderschaft in die Lunge zu verhindern, sollte die Lage des Hormonimplantats drei Monate später kontrolliert und Patientinnen zudem dafür sensibilisiert werden, bei einer Änderung des Tastbefundes sofort Arztrücksprache zu halten, so der Appell.
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